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Mehr als nur eine Stimme: Whitney Houston als Schauspielerin

Zum Tod der Soul-Diva, die immer auch „das Mädchen von nebenan“ blieb

von Marc Hairapetian

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Es klingt paradox, doch die Nachricht ihres frühen Todes kam überraschend und war doch zugleich vorhersehbar: Whitney Huston, die als weibliches Pendant zu Frank Sinatra als, „The Voice bezeichnet wurde, spielte zwar im Film „Cinderella“ (1997) die gute Fee, wurde aber im wirklichen Leben immer wieder vom Dämon der Alkohol-, Drogen- und Medikamentensucht heimgesucht. Dabei verlief die Karriere der strahlend schönen Sängerin und Schauspielerin zunächst steil nach oben: Als Whitney Elizabeth Houston am 9. August 1963 in Newark (New Jersey) geboren, war ihr das künstlerische Talent schon in die Wiege gelegt: Ihre Mutter Cissy gehörte Elvis Presleys Begleitgruppe Sweet Inspirations an. Ihre Cousinen waren die Sängerinnen Dee Dee und Dionne Warwick. So verwundert es nicht, dass das ehemalige Model erste Schallplattenaufnahmen bereits mit 14 Jahren machte. Der Rest ist Legende: Ihr Stimmvolumen umfasste drei Oktaven - und damit stürmte die Soul-Diva die Charts. Ihre Alben und Singles verkauften sich 170 Millionen Mal und mit insgesamt 411 Auszeichnungen ist Houston laut Guinness Buch der Rekorde die am häufigsten ausgezeichnete Künstlerin aller Zeiten!
Den Spagat zwischen Musik und Film vollzog sie zu ihren Glanzzeiten mühelos. Ihr Kinodebüt gab sie 1992 in Mick Jacksons Thriller „Bodyguard“, der an sich ein Wunschprojekt von Steve McQueen und Diana Ross war, aber wegen McQueens Krebserkrankung 1976 nicht zustande kam. Der Film um den ehemaligen Secret-Service-Agenten Frank Farmer (Kevin Costner), der das Leben des Popstars Rachel Marron (Whitney Houston) schützen soll, wurde vor allem durch seinen Soundtrack weltberühmt. 44 Millionen Mal ging er über die Ladentische, allein zwölf Millionen Mal verkaufte sich Houstons stimmgewaltige Coverversion des von Dolly Parton geschriebenen Countrysongs „I Will Always Love You“. Doch nicht nur als Gesangsinterpretin, sondern auch als Schauspielerin machte Houston eine gute Figur. Dabei ergatterte sie die Rolle nur, weil die ursprünglich vorgesehene Madonna mit Kevin Costner nicht klar kam. Houstons bezauberndes Lächeln wirkte ungekünstelt. Bei allem Glamour, den sie versprühte, hatte sie den Charme des hübschen jungen Mädchens von nebenan nicht verloren. Ihre sinnliche Ausstrahlung, die den bewusst zurückgenommen agierenden Costner becircen sollte, machte die an sich unmöglich erscheinende Liebesgeschichte zum glaubhaften Ereignis. Umso mehr erscheint es wie blanker Zynismus, dass die mit dem Grammy bzw. MTV Movie Award ausgezeichnete Houston auch für die „Goldene Himbeere“ als „schlechteste Schauspielerin“ nominiert wurde.
„Warten auf Mr. Right“ zeigte 1995 Houston als Karrierefrau, die in der Liebe weniger Glück hat. Der Regieerstling des Schauspielers Forest Whitaker war eine heitere Alternative zum gängigen „Schwarzen Problemfilm“ mit Konstanten wie Rassendiskriminierung und Ghetto-Kriminalität. Auch hier steuerte Houston Songs zum Soundtrack bei. Der Lohn war ein weiterer Grammy für den Song „Exhale (Shoop Shoop)“. Penny Marshalls „Rendezvous mit einem Engel“ (1996) war ein Remake der Cary-Grant-Komödie „Jede Frau braucht einen Engel“ (1947) - und in diesem von Denzel Washington verkörperten Gottesboten verliebt sich Houston ausgerechnet als Bischofs-Frau zu Weihnachten. Für den charmanten Spaß wurde sie mit einem Image Award belohnt. Nach dem Musical „Cinderella“ (1997), wo Houston auch als Ausführende Produzentin tätig war, produzierte sie die etwas seichten Kassenerfolge „Plötzlich Prinzessin!“ (2001) und „Plötzlich Prinzessin 2“ (2004), allerdings ohne mitzuspielen. Es erscheint umso tragischer, dass sie nach fast 15 Jahren schauspielerischer Pause mit „Sparkle“ in einem Film mitwirkte, der nun erst nach ihren Tod in die Lichtspielhäuser kommt: Es ist die Geschichte einer Mädchenband, die an ihrem Drogenkonsum fast zerbricht... Houston spielt die Mutter eines der Talente.
Am 11. Februar, dem Vorabend der Grammy Awards, verstarb Whitney Houston an bisher nicht gänzlich geklärten Umständen in ihrem Hotelzimmer. Vermutlich ertrank die zuvor durch eine Ehehölle mit dem R & B-Sänger Bobby Brown gegangene und auch nach der Scheidung 2007 immer noch stark mitgenommen wirkende Künstlerin, die die 1993 geborene Tochter Bobbi Kristina hinterlässt, durch einen missbräuchlich eingenommenen Medikamentenmix in der Badewanne. Sängerin Rihanna ist im Gespräch über eine baldige Verfilmung des an Höhen und Tiefen nicht armen Lebens ihres großen Vorbildes Whitney Houston. We will always love you!

Marc Hairapetian am 27. Februar 2012 für SPIRIT - EIN LÄCHELN IM STURM www.spirit-fanzine.de)

Deutscher Kinostart von „Sparkle“ ist am 11. Oktober 2012.