Soundtrack zum süßen Leben
Filmkomponist Peter Thomas zum 90. Geburtstag
von Marc Hairapetian
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Peter Thomas hat zwar nicht die Musik zu Federico Fellinis Meisterwerk "La dolce vita" (1960) geschrieben - das war Nino Rota. Doch viele der über 80 Film- und TV-Soundtracks des in Breslau geborenen Komponisten und Dirigenten, der am 1. Dezember seinen 90. Geburtstag feiert, klingen so, als wären sie zusätzlich für die Partybeschallung des Jetsets und des süßen Lebens konzipiert: "Die endlose Nacht" (1963) und "Playgirl" (1966) - beide vom deutschen Fellini Will Tremper (1928 - 1998) inszeniert - wären ohne den atmosphärischen Jazzpop nur halb so reizvoll. Mögen die Streicher-Arrangements von "Winnetou"-Komponist Martin Böttcher (Jahrgang 1927) auch eleganter und die Bläsersätze des Wieners Erwin Halletz (1923 - 1998, "Wenn es Nacht wird auf der Reeperbahn") schneidender sein und die zwischen brutalem Darwinismus und wehmütiger Poesie balancierenden Klangteppiche eines Hans Poegga (1917 - 2002, "Der Seewolf") vielleicht anspruchsvoller, so herrlich skurril und dabei auch noch so unverschämt sexy wie die Musik von Peter Thomas sind ihre Kompositionen nicht.
Dieser Auffassung teilte wohl Quentin Tarantino als er im Jahr 2002 George Clooney für sein Regiedebüt "Geständnisse - Confessions of a Dangerous Mind" diverse Edgar-Wallace-Filmmusiken von Thomas an Herz legte - und diese dann auch Verwendung fanden. Späte Hollywood-Ehren für "Peter den Großen", der allerdings zuvor schon im europäischen und asiatischen Raum mit seinen Scores für Furore gesorgt hatte: Ob für die deutsch-italienische Großproduktion "Onkel Toms Hütte" (1963), in der er Eartha Kitt im Abspann die wehmütige Südstaatenweise "Old Old Misissippi" auf den Leib schneiderte, oder den Bruce-Lee-Martial-Arts-Kracher "Die Todesfaust des Cheng Li" (1973), der nicht nur in Hongkong seinerzeit alle Kassenrekorde brach.
Zu den bekanntesten Arbeiten des in Berlin aufgewachsenen und seit Jahrzehnten mit seiner Frau, der Jetset-Reporterin (!) Cordy Francropolus, im schicken Lugano lebenden Maestro gehören der pfiffig gepfiffene "Jerry Cotton March" (1965) und natürlich die futuristische Titelmelodie zur ersten deutschen Science-Fiction-Fernsehserie "Raumpatrouille" (1966), für die Thomas eine Mischung aus Beat, Jazz, Wiener Klassik und Zwölftonmusik kreiert hat. Oft gesampelt, nie erreicht. Die besten Stücke von Peter Thomas und seinem Sound Orchester, dem Instrumentalisten wie Klaus Doldinger, Albert Mangelsdorff, Sigi Schwab und Ingfried Hoffmann angehörten, sind allerdings heute etwas in Vergessenheit geraten: Die lateinamerikanisch angehauchte Main Title zum dreiteiligen Straßenfeger "Babeck" (1968) wurde im Lauf der TV-Kriminalhandlung in einer Nachtclub-Szene von der strahlend schönen Senta Berger trotzig intoniert: "Vergiss mich, wenn du kannst". Und die ausgelassene Heidewitzka-Musi zur Serie "Der Kurier der Kaiserin" (1970/71) charakterisierte den feschen Klausjürgen Wussow als abenteuerlustigen Leutnant von Rotteck prächtig. Obwohl anno 2015 "zuwenig experimentiert wird", ist dem rüstigen Peter Thomas, der auf die Verschmelzung von Live-Musik mit Elektronik setzt, um die Zukunft der Filmmusik nicht bange: "Es gab noch nie eine so große Chance wie heute, dass man neue Klänge macht!"
Marc Hairapetian am 30. November 2015 für SPIRIT - EIN LÄCHELN IM STURM www.spirit-ein-laecheln-im-sturm.de / www.spirit-fanzine.de
Zum 90. Geburtstag des Komponisten ist die 5er-CD-Box "Peter Thomas Sounds" mit über 100 Tracks seiner legendären Polydor-LPs und Singles bei Universal Music erschienen. Außerdem die Doppel-CD: Peter Thomas Soundorchester - "Die Weibchen"/"Oh Happy Day"/"Engel, die ihre Flügel verbrennen" (All Score).