USTINOV ist Schauspieler, Regisseur, Dramatiker, Erzähler,
Conferencier und sogar Zeichner in einer Person. Seine Herkunft ist ebenfalls
sehr außergewöhnlich und rechtfertigt den häufig überstrapazierten
Begriff „Kosmopolit" (sein momentaner Wohnsitz ist in der Schweiz):
Sein Vater KLOP war als deutscher Journalist russischer Abstammung zuerst
Korrespondent des Pressebüros WOLF, später Presseattache an
der deutschen Botschaft, bis er sich mit Außenminister RIBBENTROP
überwarf; seine Mutter, die Bühnenbildnerin und Kostümzeichnerin
NADJA BENOIS, hatte sowohl russische, als auch französische, italienische
und äthiopische Vorfahren. Als 16jähriger verließ PETER
USTINOV die Eliteschule Westminster, um bei MICHEL SAINT-DENIS am Londoner
Theater-Studio Schauspieluntericht zunehmen. 1939 gab der im wahrsten
Sinne des Wortes schwergewichtige USTINOV (schon bei seiner Geburt wog
er fast zwölf Pfund!) sein Debut mit eigenen Sketchen im Player's
Club. Danach folgten seine eigenen satirischen Revuen „Diversion"
und „Diversion No. 2" sowie erste kleinere Filmrollen. |
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SIR PETER USTINOV als CaptainVere
in dem Film „Billy Budd" |
USTINOVs erstes Schauspiel, das Emigrantenstück „Haus
des Kummers", wurde mit beachtlichem Erfolg im Londoner Arts Theatre
Club uraufgeführt. Der Zwangsdienst in der britischen Armee (1942-46)
warf ürden ausgeprägten Anti-Militaristen paradoxerweise sogar
noch förderlich für seine Karriere: Hier traf er mit Größen
wie DAVID NIVEN, CAROL REED (Regie bei „TheThird Man") und
dem Krimiautor ERIC AMBLER („Topkapi") zusammen. Nach dem II.
Weltkrieg setzte sich der rasante Aufstieg USTINOVs fort: "Vice Versa"
(1947) und „Private Angelo" (1949, Hauptrolle, Regie, Coproduktion
und Drehbuch) waren der schauspielerische Durchbruch. Seine Darstellung
des infantil-grausamen Kaisers NERO, der wegen eines Liedes Rom anzünden
läßt, in MELVYN LE ROYs überzeugendem Antikepos „Quo
vadis?' (USA 1951) machte ihn schließlich weltberühmt. Nie
wurde Größenwahnsinn -mit Ausnahme vielleicht ALBIN SKODAs
Verkörperung des ADOLF HITLER in G. W. PABST„Der letzte Akt"
(Österreich 1955) - eindrucksvoller auf der Leinwand dargestellt.
Als Ringmeister in MAX OPHÜLS' exzellenten Cinemascope-Streifen um
die schöne Tänzerin „Lola Montes" (Frankreich/Deutschland
1955; |
USTINOV zeichnet für das englische Drehbuch verantwörtlich),
als „Hund, der Herr Bözzi hieß" („Un angel
völö söbre Brooklyn", Spanien/Italien 1957, Regie:
LADISLAO VAJDA), als gerissener, aber nicht unsympathischer Sklavenhändler
in dem großartigen Monumentalfilm „Spartacus" (USA 1959,
Produktion und Hauptrolle: KIRK DOUGLAS, der Regisseur ANTHONY MANN bereits
nach wenigen Drehtagen feuerte und durch den damals 31jährigen STANLEY
KUBRICK ersetzte, mit dem er bereits bei "„Paths öf Glöry"
zusammengearbeitet hatte) oder als zwischen Pflichterfüllung und
Gerechtigkeit schwankendem Kapitän Vere in seinem Regie-Meisterwerk
„Billy Budd" („Die Verdammten der Meere", GB 1961;
als Vorlage diente HERMANN MELVILLEs desillusionierendes Spätwerk)
ist PETER USTINOV unvergessen und zu einer Art lebenden Legende geworden.
Der zweifache, mit weiteren Auszeichnungen geradezu überhäufte
OscarPreisträger (beste Nebenrollen in „Spartacus" und
der 1964 von JULES DASSIN inszenierten Gaunerkomödie „Töpkapi";
ferner stehen zwei weitere Academy Awards-Nomierungen zu Buche für
den NERO in „Quo Vadis?" und für das beste Original-Drehbuch
zu ERIC TILLs 1968 gedrehten Film „Hot Millions") ist von nahezu
unerschöpflicher Kreativität - dieses dokumentieren ca. 40 Filme,
in denen er mitgespielt hat, acht Regiearbeiten, neun Filmdrehbücher,
über 20 Theaterstücke („Romanoff and Juliet", 1956;
"„Beethovens Zehnte", 1983, dt. Erstaufführung 1988),
diverse Operinszenierungen („Figaros Hochzeit", 1987 in Salzburg
und Hamburg), unzählige TV-Specials (hervorragend die Serie „Ustinövs
Rußland"), zehn Romane („The Loser", 1960), zahlreiche
Erzählungen gen und Novellen (wie z.B. „Der Intrigant",
1989) und die amüsante Biographie „Dear Me" (dt.: „Ach,
du meine Güte! - Unordentliche Memoiren", 1978; Neuübersetzung
1990 unter dem Titel „Ich und Ich").
Das Privatleben des Sprachtalents (mindestens sieben Sprachen beherrscht
er fließend) verlief einige Zeit ebenfallsreich recht turbulent
(aus zwei geschiedenen Ehen gingen drei Töchter und ein Sohn hervor),
bis er 1972 die französische Schriftstellerin HELENE DU LAU D'ALLEMANS
heiratete. 1990 wurde PETER USTINOV die für einen Künstler seltene
Ehre zuteil, von der britibritischen Königin zum Ritter geschlagen
zu werden. Fortan darf er in seinem Namen den Titel Sir führen, aber
darauf legt der PETER in ihm keinen allzu großen Wert. Seit Jahren
ist der geistreiche Plauderer intensiv für UNICEF engagiert. Ohne
Gage tritt er auch auf Galas anderer Hilfsorganisationen auf, wie z.B.
der WHO öder dem UN-Flüchtlingskommissariat. Ich bin zuversichtlich:
Auch in Zukunft werden - gute Gesundheit vörrausgesetzt- weitere
„Ustinövitäten" sein zahlreiches Publikum erfreuen,
denn in seinem Geist ist der Künstlerjunggeblieben. Sein Ururgroßvater
MICHAIL ADRIANOWITSCH wurde wurde schließlich 108 Jahre alt - und
das gibt Anlaß zur Hoffnung.
Am 13. 12. des vergangenen Jahres gab PETER USTINOV anläßlich
der deutschen Veröffentlichung seines neuesten Romanes „Der
alte Mann und Mr. Smith" (Ecön Verlag, Düsseldorf), einerspöttischzeitkritischen
Allegorie über Gott und den Teufel, die hierzulande gerade die Bestsellerlisten
stürmt, in der überfüllten Literaturabteilung des renömierten
Berliner Kaufhauses FNAC eine Signierstunde. Im Anschluß daran gelang
es dem SPIRIT ein
Exklusiv-Interview mit dem liebenswürdigen Meister der pointierten
Anekdote zu führen.
Hommage, Interview und Photos: Marc Hairapetian
Das Ustinov- Interview kann man im Spirit- Fanzine Nummer 16 lesen.
Bestellungen an: abo@spirit-fanzine.de
( 8,00 € inkl. Porto ) |