Wolfsblut jagt Ernst Stavro Blofeld

Berlinale 2018: Wes Andersons Meisterwerk: Eröffnungsfilm "Isle of Dogs - Ataris Reise" (deutscher Kinostart: 10. Mai 2018)

von Marc Hairapetian

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Größere Ansicht anzeigen Berlinale 2018 - Day 1: THE SPIRIT aka Marc Spirit Hairapetian, at the 'ISLE OF DOGS' conference. Where I asked director Wes Anderson about his all time favorite dog movies and also had the opportunity of talking with the actors Bill Murray and Jeff Goldblum & Co about their own dogs and Felix, my Siberian wolf dog husky mix. (Grand Hyatt Berlin, February 15, 2018, screenshot by Hiroko Ichimura for SPIRIT - A SMILE IN THE STORM).www.spirit-ein-laecheln-im-sturm.de / www.spirit-fanzine.de / www.spirit-fanzine.com)

"Der Hund ist die Tugend, die sich nicht zum Menschen machen konnte", wußte der große französische Schriftsteller Victor Hugo. Über diese "Tugend" hat der aus Houston stammende Regisseur, Drehbuchautor und Produzent Wes Andeson nun einen wunderbaren Animationsfilm gemacht: "Isle of Dogs - Ataris Reise" eroberte als Berlinale-Opener die Herzen des Publikums im Sturm. Die Science-Fiction-Geschichte, bei der eine Armada von Hollywoodstars den Trickfiguren ihre Stimmen leiht, ist nicht nur für Hundefreunde hochinteressant, da sie auch als politische Metapher für den Umgang mit Außenseitern der Gesellschaft zu verstehen ist.
 Circa 20 Jahre nach unserer Zeitrechnung bricht in der japanischen Metropole Megasaki City eine Hundeseuche aus. Schnell macht sich durch gezielte Streuung von Gerüchten die Panik breit, dass diese auf den Menschen überspringen könnte. Der bei Haustieren ausschließlich auf Katzen fixierte Bürgermeister Kobayashi (Stimme: Kunichi Nomura, auch Ko-Autor) beschließt deshalb, alle Hunde der Stadt auf das nahegelegene Trash Island, das die ausgelagerte Müllhalde der Kommune ist, zu verbannen. Um zu demonstrieren, wie ernst es ihm ist, schickt Kobayahsi zuerst Spots (Liev Schreiber), den ergebenen Bodyguard-Hund seines Mündels Atari (Koyu Rankin), in das triste Exil. Doch nicht ohne meinem Vierbeiner denkt sich der 12-jährige Junge, der bereits einen schweren Zugunfall überlebt hat, bei dem seine Eltern ums Leben gekommen sind! Nur leidlich wieder genesen kapert er wenige Monate später auf einer Militärbasis ein Flugzeug, um nach Trash Island zu fliegen und Spots dort zu finden. Zur selben Zeit nutzt der machthungrige Kobayashi, eine Art Ernst Stavro Blofeld des Stop-Motion-Kinos, das Verschwinden seines Schutzbefohlenen, um weiter gegen Hunde zu hetzen und sich so die nötige allgemeine Unterstützung für ihre endgültige Ausrottung zu sichern. Doch eine kleine Gruppe von Jugendlichen, angeführt von der US-Austauschschülerin Tracy (Greta Gerwig), lässt ihre fellnasigen Freunde nicht im Stich und bezichtigt den Bürgermeister der Korruption. Unterdessen trifft Atari bei seiner verzweifelten Suche nach Spots auf die stolzen Alphahunde, Boss (Bill Murray), Chief (Bryan Cranston), Rex (Edward Norton), Duke (Jeff Goldblum) und King (Bob Balaban), die einen Pakt geschlossen haben, um auf der Insel zu überleben...
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 Wes Anderson nimmt sich viel Zeit, um die freundschaftliche Annäherung zwischen Atari und den wilden Hunden zu zeigen. Vor allem der bissige Boss ist dabei ein echter Problemfall. Doch fast wie in Jack Londons meisterhaften Roman "Wolfsblut" (1906) gelingt es hier dem Jungen, die Liebe des struppigen Eigenbrötlers zu gewinnen, ohne dabei jemals Spots zu vergessen. "Isle of Dogs - Ataris Reise" ist beileibe kein reiner Kinderfilm. Gewalt, Tierversuche und weitere Ungerechtigkeiten werden nicht ausgeklammert. Die deutschen Synchronsprecher werden es schwer haben, gegen Bill Murray und Co. anzukommen. Auch formal ist der zweite Stop-Motion-Film von Wes Anderson nach "Der fantastische Mr. Fox" (2009) mit seinen perfekten symmetrischen Einstellungen fantastisch gestaltet. Seine Figuren erinnern übrigens an die Puppen in Achim Maiwalds legendärer WDR-Fernsehserie "Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt" (1972). Mit "Isle of Dogs - Ataris Reise" ist Wes Anderson einer der schönsten Hundefilme überhaupt gelungen. Er ist fast so gut wie das absolute Meisterwerk des Genres "Taro und Jiro in der Antarktis" (Japan 1983, Regie: Koreyoshi Kurahara), das auf einer wahren Geschichte basiert. Chapeau!

Marc Hairapetian am 20. Februar 2018 für SPIRIT - EIN LÄCHELN IM STURM www.spirit-ein-laecheln-im-sturm.de / www.spirit-fanzine.de / www.spirit-fanzine.com.

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